Herr Müller und Herr Faust gehen nach Amerika



Der Zielhafen Baltimore wurde am 6. September erreicht. Der Erleichterung, die Strapazen überstanden zu haben, folgte bald die Ernüchterung:

"Man hatte alles himmlischer erwartet. ... Unter [der] allgemeinen Angst verließ ich das Schiff und hörte ein paar Tage nachher, dass einer meiner Reisegefährten schon mit dem Capitän unterhandelt hatte, um ihn, seine Frau und Kinder für den Rest seines Vermögens, 60 - 80 Dollars, wieder mit zurückzunehmen, was aber abgeschlagen wurde."

Verwirrend waren für Müller die Begegnungen mit den fremden Menschen:

"Neger, Mulatten und Sclaven trifft man hier viele; diesen und den eingewanderten armen Deutschen sind die schweren Arbeiten überlassen. An einem Feste hatte ich das Vergnügen, die Bürgermiliz exerzieren zu sehen, schlecht genug; was aber dem Ding die Krone aufsetzte, war die schwarze Musikbande, welche die Truppe führte und einen Höllenlärm machte. ... Besonders auffallend war mir das lange, schmale, nichts Heiteres verkündende Gesicht der Americaner."

  Deutsche Einwanderer in Texas

Deutsche Einwanderer in Texas.

Müllers erste Reiseziel im Lande war Wheeling am Ohio-Fluss. Um den Fahrpreis von 10 Dollar zu sparen, legte er den Weg zu dem 260 Meilen entfernten Ort zu Fuß zurück. Auf diesem Marsch lernte er nicht nur die Bauweise der Blockhäuser kennen, sondern auch deren Bewohner:

"Der Americaner will Geld verdienen und so befasst sich jeder Bauer damit, Wirtschaft zu betreiben. Sucht man die besten aus, so hat man auch nicht zu klagen. Unsere meisten Wirte, bei denen wir übernachteten, waren Abkömmlinge von Deutschen und konnten die meisten noch mit dem von ihren Eltern aus Württemberg und Baden mitgebrachten Deutsch gut fertig werden. Sehr viele aber schämen sich ihrer deutschen Abkunft, wollen als Engländer gelten und kein Deutsch mehr können."

In einer Siedlung am Ohio ließ Müller sich nieder. Vom Staat kaufte er 184 Acres á 1,25 Dollar [1 Acre etwa 4000 m²] und errichtete mit Hilfe der Nachbarn ein Blockhaus:

"Wir gingen, nachdem unser Haus fertig war, daran, unsern Acker zu cultivieren, was allerdings in sehr primitiver Weise hier überall geschieht. ... Nach solcher Cultivierung wurde der Boden mit der Hacke ein wenig umgearbeitet, mit Kartoffeln und Mais bepflanzt und mit Buchweizen besäet. Ein paar Kühe hatte ich auch gekauft, 12 Dollar das Stück nebst Kalb. Nun konnten wir doch bisweilen Milchsuppe kochen."





   
Wolfgang Buchhorn 07.04.2008